Ich bin ja auch so eine, die gerne noch Print-Wanderführer zuhause im Regal stehen hat. Aber dort stehen sie nicht nur und verstauben, aber nein, sie werden regelmäßig gelesen, durchblättert, mit Eselsohren versehen. Ich mag die Bahn zum Berg – Wanderbücher auch sehr gern, bin aber in OÖ und Tirol nur selten unterwegs. Deshalb ist mir der NÖ-Wanderführer „Wanderlust Niederösterreich“ von Kompass immer wieder eine feine Inspiration. Außerdem mag ich es, die schon gemachten Touren mit Textmarker im Nachgang gelb anzustreichen. Freakig? Well…
Die Wachau ist ja von Wien aus nicht immer soo super zu erreichen, trotzdem finde ich es dort schön. Gerade dann, wenn noch keine Marillenblüte ist und ich dort einsam wandern kann. Im März gibt es so einen Tag! Es ist wunderbar warm und ich entscheide mich für eine Rundwanderung bei Rossatz. Dorthin komme ich ab Spittelau mit dem Regionalzug bis Krems und von dort weiter mit dem Bus nach Rossatz.

Ein Montag in Rossatz…
…bedeutet: Nichts los. All das, was es gibt (Gasthöfe), hat eh zu.

Also trabe ich los, bestaune gleich mal die Panoramakarte und mache viele Fotos vom hübschen Dürnstein und seinem blauen Kirchturm. Zwischen mir und ihm: die Donau!

Durch die Marillenfelder (noch kahl) geht es bereits hoch in den Wald. Ich bin – zugegeben – sehr langsam unterwegs, fotografiere viel und beantworte Sprachnachrichten. Irgendwie witzig, durch die Wachau zu wandern und gleichzeitig Hotelzimmer am Roten Meer in Jordanien zu organisieren (dorthin leite ich nämlich im April wieder eine Wanderreise. Leider nicht #bahnzumnberg-tauglich. Seufz!).
Über den Toten Berg und den Pemexl
Mein erster Gipfel ist der „Tote Berg“ mit 454 Metern. Jetzt noch nicht so hoch, trotzdem schön und ein Gipfelkreuz hat er auch.

Immer wieder schaue ich runter zur Donau, wo es der Wald zulässt.

Über den Pemexl, der mich irgendwie an „Pumuckl“ erinnert, geht’s weiter. Immer im Wald, immer schön. Der nächste Orientierungspunkt auf meiner Route ist das Rote Kreuz und dann der Schoberstein. Dies ist das einzige Stück dieser Tour, das mich ein bisschen enttäuscht. Ich geh bis dorthin nämlich ganz schön lange, Forststraßen vor allem, und seh nix. Als ich dann am Schoberstein bin, übersehe ich ihn fast – ich hab mir das halt so wie einen richtigen Gipfel vorgestellt. Tja, das hätte ein genauerer Blick in die Karte verhindert. Die kleine Enttäuschung kann mir aber nicht die Wanderlust nehmen und weil ich das Gefühl habe, dass es schon ganz schön spät ist, trabe ich ohne Pause gleich weiter.

Hoch über der Donau stehen
Jetzt wird’s spannend – ich komme nämlich zum Seekopf. Der ist immerhin schon über 670 Meter hoch und auf ihm steht eine Aussichtswarte.

Ich mühe mich den doch steilen Anstieg nach oben, freue mich gleichzeitig auf die Aussicht. Und die ist tatsächlich sehr schön und reicht bis weit hinunter an die Donau und die Orte in der Wachau. Die kann ich leider nicht benennen, aber das macht ja nix.

Nun machen sich die lange verschickten Sprachnachrichten und mein anfängliches langsames Gehen bemerkbar: Als ich auf die Wanderwegschilder bei der Aussichtswarte schaue, kann ich meinen Augen kaum trauen: 2 ¼ Stunden sollen es nach Rossatz sein!? Huch? Was ist denn da passiert, wer hat meine Zeit verschluckt oder mich so langsam gemacht? Die Antwort: Ich selbst.
Zeit null, Lust groß
Mein kleines Problem: Der nächste und – wie ich zu diesem Zeitpunkt glaube – letzte Bus geht in knapp 1 ½ Stunden. Oh ja – ich habe jetzt ein Ziel: So schaue ich mir die Aussicht nur ganz kurz an, mache zwei Fotos, trinke einen Becher Tee und trabe dann so flott wie möglich weiter.

Bei der nächsten Wand (der Hirschwand) – auch sehr felsig, auch sehr schön – bin ich schnell. Dort muss ich mich schon wieder entscheiden: Ein kleiner (wirklich sehr kleiner!) Klettersteig lockt mich („Mini-Klettersteig“, Schwierigkeit max. A/B). Zeit hab ich: Eigentlich überhaupt keine. Lust hab ich: große.
Natürlich siegt die Lust und ich lasse meinen Rucksack unten und mache noch schnell den kleinen Klettersteig mit. Dabei denke ich an Veronika und Silke und erinnere mich an unseren Klettersteigkurs letztes Jahr und den kleinen After-Work-Klettersteig in Gumpoldskirchen. Den wir kaum gefunden haben, kicher. Auch vor (!) der Einkehr beim Weinbauern schon nicht!
Die Motivation siegt
Nun heißts wirklich „Gas geben“, ich schnalle meinen Rucksack so eng wie möglich und bewältige den nächsten Wegabschnitt: laufend. Mit einem klaren Ziel vor Augen bin ich topmotiviert. Den Bus schaff ich!

Über die Forstraßen laufe ich so flott ich kann und so lang mich mein Atem trägt. Am Mugler unten vorbei, die Wanderstöcke fest in der Hand. So muss sich also eine Trailrunnerin fühlen! Schon irgendwie cool.
Schon hör ich die Glocken klingeln!
Der kleine Steig im Wildschweingraben verwirrt mich kurz und ich verliere den Weg. Gott sei Dank nicht allzu lang, zum Suchen hab ich nämlich auch keine Zeit. Und siehe da – ich höre die Kirchturmglocken schlagen und im selben Moment wird mir bewusst, dass das bedeutet, dass ich von Rossatz nicht mehr weit entfernt sein kann. Schon sehe ich die Kirchturmspitze auftauchen und komme hinunter an den Marillenwanderweg. Dem folge ich noch wenige Minuten, bevor ich wieder bei der Kirche angelangt bin und damit bei meinem Startpunkt. Ganze sechs (!) Minuten vor Busabfahrt!
Sehr stolz leere ich meine Trinkflasche, jausne noch und nehme dann den Bus zurück nach Krems und den Regionalzug bis nach Wien Heiligenstadt.

Eine Anmerkung zur Gehzeit
Zur Transparenz und für die eigene Tourenplanung lege ich hiermit offen: Alpenverein aktiv plant für meine Tour 4h 45 min ein, mein Wanderführer des Vertrauens „Wanderlust Niederösterreich“ 4h 30 min. Ich bin die Wanderung in knapp 4h gegangen – empfehle aber das Nachahmen mit weniger Stress beim Abstieg.
Fazit
Eine richtig schöne aussichtsreiche Tour, die ich bis auf das eine Stück Forststraße vorbehaltlos empfehlen kann. Es macht große Freude, immer wieder über der Donau zu stehen. Rossatz ist am Wochenende und zu jahreszeitlich belebteren Zeiten bestimmt auch ein netter Einkehrtipp um eine etwaige Wartezeit zu überbrücken.
Kleiner Tipp: Wenn man am Anfang nicht so trödelt wie ich, muss man am Ende nicht so rennen. Wenn ihr die pure Trailrunner-Experience haben wollt, könnt ihr es natürlich genauso machen wie ich. Viel Spaß in jedem Fall!